Title (croatian) | Velika Pisanica 1945. : sabirni, radni i prolazni logor za folksdojčere |
Author | Vladimir Geiger |
Author's institution | Croatian Institute of History |
Scientific / art field, discipline and subdiscipline | HUMANISTIC SCIENCES History |
Abstract (german) | VELIKA PISANICA 1945, SAMMEL-, ARBEITS- UND
ZWISCHENLAGER FÜR VOLKSDEUTSCHE
Jener Teil der deutsche Bevölkerung Jugoslawiens, der gegen Ende des Zweiten Weltkriegs nicht geflohen war, war während und nach Ende der Kampfhandlungen der Willkür der Sieger überlassen. Die Kriegsverbrechen, die von einem Teil der jugoslawischen, und auch kroatischen, Volksdeutschen verübten worden waren, sowie die illoyale Haltung zur Zeit der Okkupation, dienten nach dem Krieg den kommunistischen Machthabern als Begründung und Rechtfertigung für ihr unmenschliches Vorgehen gegenüber der deutschen Minderheit. Die kommunistische Regierung Jugoslawiens entzog den Angehörigen der deutschen Minderheit alle nationalen und bürgerlichen Rechte. Opfer der kollektiven Vergeltung, der Enteignung und Vertreibung wurden nur jene Volksdeutschen nicht, welche an der Partisanenbewegung teilgenommen, oder diese aktiv unterstützt hatten; ebenso ausgenommen wurden Personen aus Mischehen, sofern eingeschätzt wurde, dass ihre Haltung während des Krieges nicht feindlich gewesen war. Doch auch dies wurde nicht immer eingehalten.
Die kommunistische Regierung Jugoslawiens hatte die Absicht den Rest der Volksdeutschen aus dem Land zu vertreiben und internierte diese in Sammellager. Doch die Schliessung der Grenzen seitens der alliierten Besatzungsmächte in Österreich, Italien und Ungarn Mitte Juli 1945 verhinderte die Vertreibung der Volksdeutschen aus Jugoslawien; für die Mehrheit der Deutschen Jugoslawiens folgten Lagerhaft und Zwangsarbeit. Ganze Familien wurden in Lager verbracht, einschließlich älterer Personen, sowie Frauen und Kinder jeden Alters. Nach gut belegten Angaben waren von Ende
1944 bis Anfang 1948 etwa 170.000 der 195.000 in Jugoslawien verbliebenen Volksdeutschen interniert; ein Viertel davon ist in den Lagern für Zwangsarbeit ums Leben gekommen. In Kroatien blieben mindestens circa 10.000, vermutlich sogar die Mehrheit der 20.000 in der Heimat verbliebenen Volksdeutschen, auch nach Schließung der österreichischen
Grenze und dem Ende der Aufnahme von Vertriebenen aus Jugoslawien im Sommer 1945, in diesen Lagern interniert. Mindestens einige tausend von ihnen sind dabei ums Leben gekommen.
Die größten Lager für Angehörige der deutschen Minderheit auf kroatischem Territorium in den Jahren1945/1946 waren Josipovac bei Osijek, Valpovo, Velika Pisanica bei Bjelovar, Krndija bei Đakovo, Šipovac bei Našice, Pusta Podunavlje in Baranja und Tenja/Tenjska Mitnica bei Osijek. Im Mai 1945 wurden in Josipovac bei Osijek und in Valpovo erste große provisorische Sammel-Zentren/Lager für Deutsche aus Slawonien, Srijem, Baranja und Bosanska Posavina errichtet. Die ersten Gruppen von kroatischen Volksdeutschen wurden in Josipovac bei Osijek interniert, im Laufe des Monats Mai 1945 mehr als 3.000 Personen, hauptsächlich ältere Personen, Frauen und Kinder. Den Häftlingen wurde jeden Tag Arbeit in der Landwirtschaft zugewiesen. Aus Josipovac, Valpovo und anderen Lagern wurden dann ab Anfang Juli 1945 Transporte mit Volksdeutschen nach Österreich geschickt. In den überfüllten Viehwaggons, ohne ausreichende Nahrung und Wasser, erkrankte die erschöpfte Mehrheit der Deportierten, einige haben die Reise nicht überlebt. Aus dem Lager Josipovac wurden am 8. Juli 1945 3.000 Häftlinge, ohne den Zielort zu kennen, deportiert. Nach einer langen und anstrengenden Reise blieben die Häftlinge in Leibnitz in Österreich zwei Tage lang in den Viehwaggons eingesperrt. Anschließend wurden sie von einer bewaffneten Eskorte herausgetrieben, und sich überlassen. Zwei Tage später, am 10. Juli 1945, wurde das Lager Josipovac aufgelöst und die wenigen verbliebenen Häftlinge in das nahegelegene Lager Valpovo verlegt. Am 22. Juli 1945 wurden dann von dort 1.800 Personen in Viehwaggons Richtung Österreich deportiert. Da aber die britische Besatzungsmacht nun die Übernahme des Transports verweigerte, musste dieser an der jugoslawisch- österreichischen Grenze umkehren und endete, nach einigen Tagen ziellosen Umherfahrens, im Lager Velika Pisanica bei Bjelovar. Dasselbe geschah mit zwei weiteren Transporten von Volksdeutschen, welche im Juli 1945 über die jugoslawisch-österreichische Grenze abgeschoben werden sollten.
In Velika Pisanica war, allen Hinweisen zufolge, im Sommer 1944 ein Lager errichtet worden für gefangen genommene Feindsoldaten und „Volksfeinde“ (hauptsächlich Ungarn, Volksdeutsche und Kroaten, die Anhänger des Unabhängigen Staates Kroatien, kurz NDH, waren); dies war zur Zeit der Partisanenherrschaft im Dorf von Juni bis Dezember 1944. In der unmittelbaren Nachkriegszeit bestand kurzzeitig ein Lager für Kriegsgefangene (deutsche und kroatische Soldaten). Sodann wurden in dieses Lager politische Gefangene (Strafgefangene), Deutsche (Volksdeutsche) und Ungarn eingewiesen, vorwiegend aus der Gegend von Bjelovar, sowie aus der weiteren Umgebung Nordwest- Kroatiens. Auch einheimische Deutsche wurden dort interniert, vorwiegend ältere Personen sowie Frauen und Kinder, die in der Heimat geblieben waren, und nun vertrieben werden sollten.
Hinzu kamen im Juli 1945 jene Eisenbahntransporte (Viehwagons) aus Slowenien, die über Varaždin, Zagreb und Bjelovar in Velika Pisanica eintrafen, mit mehreren Tausend Volksdeutschen, welche ursprünglich aus Srijem, Baranja, Bačka und Bosanska Posavina stammten. Diese wurden dort unter freiem Himmel untergebracht, da die bestehenden Unterkünfte bereits überfüllt waren. Verschiedenen Angaben und Schätzungen zufolge, belief sich die Zahl der zurückgeschickten Volksdeutschen, sowie der in Velika Pisanica Internierten, damals auf zusammen mindestens 3.500 bis 4.000, nach anderen Angaben waren es sogar 5.000 bis 6.000 Personen, vorwiegend ältere Menschen, Frauen und Kinder. Sie wurden auf einem ehemaligen Marktplatz untergebracht und waren dem Regen und schlechtem Wetter ausgesetzt. Wegen schlechter und unzureichender Ernährung, aber auch wegen Erschöpfung und des Auftretens von Infektionskrankheiten, starben innerhalb kurzer Zeit die älteren Personen und Kinder. Die VELIKA PISANICA 1945. Häftlinge wurden von Bauern aus den umliegenden Dörfern als Arbeitskräfte bei diversen landwirtschaftlichen Arbeiten eingesetzt. Das war für die Häftlinge zeitweise hilfreich, insbesondere im Hinblick auf Nahrung und Bekleidung. Ebenso, haben auch die Einwohner von Velika Pisanica, den Erinnerungen der Häftlinge nach, zumeist Verständnis gezeigt, und diesen mit Nahrung und Kleidern geholfen. Nach im Wesentlichem kurzem Aufenthalt im Lager Velika Pisanica, oder Arbeiten außerhalb des Lagers, wurde die Mehrheit der Volksdeutschen Anfang August und Anfang September 1945 mit Eisenbahntransporten und in Viehwagons in die Lager für Volksdeutsche im Osten Kroatiens verbracht. Sie kamen nach Slawonien, in das Lager Valpovo, sowie das neugegründete Lager Krndija, was die Fortsetzung ihres Leidens bedeutete.
Die Zustände in diesen Lagern, besonders die Hygiene- und Ernährungsbedingungen, waren mehr als mangelhaft und unzureichend; viele Häftlinge erkrankten und starben. Insbesondere ab Herbst/Winter 1945 wüteten in den Lagern Flecktyphus-Epidemien und nahmen erschreckende Ausmaße an. Das schwere Schicksal der Häftlinge war beeinflusst durch mangelhafte Unterkunftsbedingungen sowie extrem minderwertige Ernährung, unzureichende Hygiene, fehlende Arzneimittel und einen Mangel an ärztlicher Hilfe. Dazu kamen verschiedene Krankheiten und die schwere körperliche Arbeit, welche die Häftlinge nicht gewohnt waren und zu der Viele nicht fähig waren. Nachdem Ende März/Anfang April 1946 der Flecktyphus durch einige Maßnahmen beseitigt worden war, normalisierten sich die Zustände zwar bis zu einem gewissen Grad. Der Aufenthalt in den Lagern war jedoch insbesondere für Frauen, und zumal Mütter mit Kindern, auch weiterhin unerträglich. Tötungen und Exekutionen von Volksdeutschen fanden in den Lagern Kroatiens, -außer in einigen wenigen Fällen, die es unzweifelhaft gab-, nicht statt; Misshandlungen waren jedoch üblich. Die Todesursache in den Lagern waren hauptsächlich Krankheiten, insbesondere Dysenterie und Flecktyphus, aber auch Altersschwäche, Erschöpfung, Kälte und Hunger.
Die größten und langlebigsten Lager für Volksdeutsche in Kroatien, Valpovo und Krndija, wurden im Mai 1946 aufgelöst. Die Volksdeutschen, die nicht freigelassen wurden, brachte man bis Ende Mai 1946 in andere Lager für Volksdeutsche in Kroatien und der Vojvodina (Podunavlje in Baranja, Tenja/Tenjska Mitnica bei Osijek, Gakovo in Bačka und Knićanin/Rudolfsgnad im Banat). Das letzte Lager für Volksdeutsche in Kroatien Tenja/Tenjska Mitnica wurde Anfang 1947 aufgelöst; die letzten Lager für Volksdeutsche in Jugoslawien, Gakovo und Knićanin/Rudolfsgnad, wurden Anfang 1948 aufgelöst. Bis zu dieser Zeit hatten zahlreiche Volksdeutsche, überwiegend ältere Personen sowie Frauen und Kinder, in diesen Lagern ihr Leben verloren. Denn für die kommunistische Regierung im Nachkriegsjugoslawien spielten, was die Volksdeutschen anging, weder Alter noch Geschlecht eine Rolle. Die Lage und das Schicksal der Volksdeutschen hing im Einzelfall ab von Alter, Kraft und Gesundheit, jedoch ebenso vom guten oder bösen Willen jener, die Macht über sie hatten und über ihr Schicksal entschieden.
Es wird geschätzt, dass die Zahl der volksdeutschen Opfer im Lager Velika Pisanica mehr als 100 Personen betrug. Bislang wurden aufgrund verschiedener Quellen 27 Opfer namentlich festgestellt. Vorwiegend handelte es sich um ältere Personen und Kinder, die im Laufe des Sommers 1945 während ihres kurzfristigen Aufenthalts in Velika Pisanica an Erschöpfung und Krankheit starben. Die Historiographie zum Schicksal der jugoslawischen und kroatischen Volksdeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg hat grundlegende Antworten auf eine Vielzahl von Fragen erst noch zu erbringen. Aufgrund des Mangels an glaubwürdigen Angaben, bzw. der geringen Anzahl von Dokumenten, bleiben auch zum Lager Velika Pisanica zahlreiche Fragen noch offen. Die verfügbaren Dokumente, die Aussagen und Erinnerungen von Häftlingen und Zeitgenossen, sowie die historische Fachliteratur, Publizistik und Memoiren, ermöglichen gleichwohl ein verhältnismäßig klares Bild über die Volksdeutschen im Lager Velika Pisanica 1945. |
Keywords (croatian) | |
Language | croatian |
Publication type | Authored book-Scientific book-Scientific monograph |
Publication status | Published |
Peer review | Peer review - domestic |
Publication version | Published version |
Edition | 1. |
Series title | BIBLIOTEKA HRVATSKA POVJESNICA. Monografi je i studije ; III/90 |
ISSN of series or publishing unit | 2670-885X |
Pages | 259 |
ISBN | 978-953-8335-04-4 |
URN:NBN | urn:nbn:hr:255:682797 |
Printed book publication date | 2020 |
Type of resource | Text |
Publisher | Hrvatski institut za povijest |
Publisher | Ogranak Matice hrvatske u Bjelovaru |
Publishing place | Zagreb |
Access conditions | Institutional access |
Created on | 2022-01-31 13:13:49 |